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Englisch, aber bitte global!

Alle Jahre wieder rollt sie heran: die Diskussion um die „richtige“ Variante des Englischen. Ist US-Englisch moderner und internationaler? Bleibt britisches Englisch das Maß der Dinge? Oder setzen Unternehmen künftig auf „International English“? Letzteres klingt vielversprechend und könnte sogar Übersetzungskosten sparen. Doch was genau steckt hinter diesem Begriff?

Wir haben die aktuelle Diskussionswelle zum Anlass genommen, der Sache auf den Grund zu gehen und eine Recherche anzustellen. Dazu haben wir die Universität Innsbruck, die WKO, Universitas und unsere Kolleginnen und Kollegen der ISO 17100-zertifizierten Sprachdienstleister in Österreich (AATC) befragt. Auch unsere Übersetzerinnen und Übersetzer in US und UK haben wir um ihre Meinung gebeten.

„Global English“, „International English“ oder auch „Englisch als lingua franca“ ist ein Konzept, das in der Sprachwissenschaft Anwendung findet und erforscht wird. Eine allgemeingültige Definition gibt es (noch) nicht, allerdings scheint sich der Begriff Englisch als lingua franca (ELF) zu etablieren. Bei unserer Recherche kristallisierte sich heraus, dass ELF als Varietät von Englisch verstanden wird, die spezielle britische oder amerikanische Vokabel und Phrasen vermeidet und deren Niveau auch und vor allem für Nicht-Muttersprachler geeignet ist.

Die Antworten aus unserem Netzwerk bestätigen diese Definition. So fasst die WKO im Bezug auf ELF zusammen, dass darunter „ein sprachliches Niveau, das für Non-Natives gut zu verstehen ist und das auf regionale oder kulturelle Besonderheiten, Idiome und umgangssprachliche Ausdrücke verzichtet“ zu verstehen sei. Universitas meint hierzu weiter: „Neutral bedeutet, dass keine eindeutig dem Britischen, Kanadischen, Australischen oder US Englisch zuordenbare Redewendungen oder idiomatischen Phrasen verwendet werden, und dass die Strukturen eher einfach gehalten sind. ‚International English‘ strebt nach kultureller Neutralität.“

Aus unserem ISO-Netzwerk kam die Rückmeldung, dass vermehrt Anfragen nach Übersetzungen ins US-English gestellt werden. Die Universität Innsbruck argumentiert dagegen, dass „das britische Englisch internationaler ist, weil es doch in vielen ehemaligen Kolonien den Sprachgebrauch beeinflusst hat. Im Internet dominiert aber natürlich das amerikanische Englisch.“

Schließlich haben wir auch unsere Vendoren in den USA und England befragt. Die Antwort aus den USA lautete, dass sie kein Problem mit Texten haben, die auf der britischen Rechtschreibung basieren. Aus England kam die Antwort, dass britisches Englisch bevorzugt wird, da US-English dazu neigt, etwas zu „slangy“ zu werden, was in anderen Teilen der Welt nicht so gut ankommt. Aus beiden Ländern kam der wichtige Hinweis, dass man sich aber auf eine Englisch-Varietät als Basis einigen sollte, um ein missverständliches „Kauderwelsch“ zu vermeiden.

Mit der Prävalenz von amerikanischem Englisch in den sozialen Medien und britischem Englisch im Schriftgebrauch, stellt sich natürlich die Frage: Welchen Nutzen hat ELF?

Nach aktuellem Stand der Forschung und unserer Recherche wäre hierfür die Zugänglichkeit für Nicht-Muttersprachler besonders hervorzuheben. Allerdings dürfen bei der Erstellung der Technischen Dokumentation die folgenden Fragen nicht außer Acht gelassen werden:

  • Wer ist die Zielgruppe und was erwartet sie sich?
  • Wofür soll der Text verwendet werden und wie soll er wirken? Ist eine Lokalisierung notwendig oder dürfen die Kunden merken, dass es sich um eine Übersetzung handelt?
  • Welche Varietät von Englisch (amerikanisch oder britisch) wird als Grundlage herangezogen in Bezug auf Rechtschreibung und Interpunktion?

Wir bei text-it möchten dazu noch ein paar Überlegungen ins Feld führen, die als Entscheidungsgrundlage dienen können:

  • Trends ändern sich, Kosten und Aufwand für die Umstellung bleiben!
  • Wo ist der Hauptmarkt, Zukunftsmärkte, gibt es Niederlassungen, Partner, Zulieferfirmen?
  • Während man in der Technischen Redaktion auf regionale und kulturelle Besonderheiten eher verzichten kann, muss das Marketing dem eventuell mehr Beachtung schenken und mehr Sprachvarianten bedienen.

Die „richtige“ Antwort auf das „richtige“ Englisch können wir nicht bieten. Auf jeden Fall werden wir die sprachlichen Entwicklungen des Englischen mit großem Interesse weiterhin beobachten.

Weiterführende Links und Tipps:

Forschung zu International English
https://www.researchgate.net/publication/228769784_What_Is_International_English

Vokabeln mit unterschiedlichen Definitionen für UK und US
https://dictionary.cambridge.org/dictionary/english/

https://www.collinsdictionary.com/dictionary/english/

Beiträge aus der Korpuslinguistik
https://www.english-linguistics.uni-mainz.de/corpus-linguistics/american-and-british-english-corpora/

Tipps, wie man Texte in „International English“ verfassen könnte:
https://draft-edx-style-guide.readthedocs.io/en/latest/global_English.html

Auf Anfrage: schicken wir gern eine PDF (Quelle WKO): kontakt[at]text-it.at